Freitag, 8. Juni 2012

Klappe, die Letzte - but our memories will remain!

Sprachlos schweift mein Blick aus dem kleinen Flugzeugfenster. In diesem Moment durchbrechen wir die Wolken, lassen die strahlende Morgensonne zurück, unter uns ein kleines, grünes Land, die Häuser in ordentlichen Reihen gebaut, die Straßen befestigt, graue Regenwolken hängen an diesem Samstagmorgen Anfang Mai am Himmel. In der Ferne lässt sich die Skyline Frankfurts ausmachen, der Landeanflug beginnt. Wenige Minuten später berühren die Räder die Landebahn, stille Tränen kullern mir über die Wangen, Gänsehaut, schließlich ein fester, aufmunternder Händedruck, ein Blick zu Seite, neben mir Anni, meine geliebte Anniakka, wundervollste, treueste Wegbegleiterin, Freundin und Schwester während der letzten acht Monate. “Willkommen in Frankfurt am Main, wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt.” Finishaaa, vorbei, fertig – da sind wir, zurück, zurück in der Heimat, bei unseren Liebsten. Die Glastüren zur Ankunftshalle öffnen sich, Jauchzen, Freudentränen, Familie und Freunden fallen wir in die Arme. Der Kopf, das Herz, nichts kann all das begreifen!

Was liegt hinter uns, nach acht unbeschreiblichen Monaten voller Wunder und Überraschungen, Nachdenklichkeit und Freude, Ausgelassenheit und Tränen, voll Leben eben? Und wie kann es sein, dass wir ein Resümee ziehen sollen, wie ein solches Leben in wenige Worte fassen, für euch, die ihr uns von Zeit und Zeit begleitet habt, auf unserer Reise in die Tiefen unserer neuen Welt?

Um Ehrlich zu sein, weiß ich es nicht. Mir fehlen die Worte. Und doch gibt es noch soviel zu teilen, zu berichten, zu erzählen. Darum haben wir uns entschieden, erst ein kurzes “Zahlenbild” zu zeichnen, abschließend schließlich in Form eines Fotoalbums zu erzählen.


242 Tage, knapp 300 Tassen Chai, etwa 950 Stunden Stromausfall und mehr als 2000 Gute-Nacht-Küsschen – ein etwas anderer Rückblick

Acht Monate Freiwilligeneinsatz in Südindien bedeuten…

… 242 Tage und mehr als 34.000 zurückgelegte Kilometer, 20 Nachtfahrten in Bus, Zug oder Flugzeug, 32 mal Ein- und Auspacken der Rucksäcke, unzählige besuchte Orte.

… 25 “weltwärts”-Seminartage in Bensheim, Reichelsheim, Coimbatore und Mangalore mit Malathi, Renate, Frau Sames und Frau Maier.

… 15 Piekse und 8 injizierte Impfstoffe vor Ausreise, eine Reiseapotheke von mehreren Hundert Euro Wert, 5 Arztbesuche vor Ort, eine Lebensmittelvergiftung, ein eingegipstes Bein.

… viel und leckeres Essen, mindestens 270 Tassen Chai, etwa 400 Chapattis und 45 kg Reis (pro Kopf), außerdem circa 300 lautstark gesungene Tischgebete - “Om Shantiii!”.

… mehr als 15 Rollen Klebeband, über 30 bunte Plakatpappen, 120 Buntstifte, 500 Luftballons, knapp 600 entwickelte Fotos, 614 geschriebene und empfangene Emails, 10 782 ausgewählte digitale Foto- und Filmdateien.

… eine Talentschau, vier Übernachtungspartys, 45 “Nikolausstiefelchen” und 50 Weihnachtssterne.

… 151 Morgende Aufwachen von Fußgetrappel und Kinderrufen, 27 Vormittage für mindestens 95 Eimer Handwäsche, etwa 950 Stunden Stromausfall, mehr als 2000 Gute-Nacht-Küsschen und 6041 mal der allabendliche Wunsch “Schöne Träume, Kanasu Bilali!” – Alltag eben.

… 9 mal Sari Tragen, 12 mal mit Mehendi verzierte Hände, jeden Tag mehr der lokalen Sprache Kannada zu verstehen - “Kannada, so solpa solpa barutee.”

… 8 Familien in ihren eigenen vier Wänden zu erleben, auf 22 Ausflügen in die Projektgebiete oder zu kulturellen Stätten, sogenannten field visits und cultural exposures, die unzähligen Gesichter Südindiens kennenzulernen, 36 Feiertagen und Functions, also offiziellen Feierlichkeiten, beizuwohnen.

… “Anniakka matee Joakka” zu heißen, ein wunderbares Team, zwei große Schwestern von insgesamt 75 liebevollen Kindern zu sein.

… unzählbares Glück, Freude und Dankbarkeit!


Der Vorhang fällt – Bühne frei für die letzten Eindrücke!

 

Ende Oktober sind wir eingeladen, das zweitägige Lichterfest Deepavalli mit der Familie unserer Mentorin Shruthi und der eines weiteren Mitarbeiters der Organisation zu feiern. Es gibt unglaublich leckeres und reichhaltiges Essen, das erste Mal eingewickelt in schillernde Saris besuchen wir auch andere Dorfbewohner, singen deutsche und lokale Lieder und bestaunen das bunte Feuerwerk - wir genießen diesen ersten "Family stay” in vollen Zügen.


Im November treffen wir im Karl-Kübel-Institute for Development Education in Coimbatore auf die anderen Freiwilligen der KKS sowie weitere weltwärts-Freiwillige und finden im Rahmen dieses Zwischenseminars zusammen mit unserer Mentorin der Mentoren Malathi sowie Renate Tietz, extra aus Bensheim angereist, Zeit zur Reflexion und weiteren Planung unserer Einsatzzeit.


Kaum zurück im Projekt steht hoher Besuch aus der Heimat bevor. Während der zwei Tage, die Herr Tepel, Vorstand der Karl-Kübel-Stiftung, mit unserem Direktor, den Mitarbeitern und Kindern in Chattanahalli verbringt, dürfen auch wir Teil des abwechslungsreichen Programms sein: Gesprächsrunden, ein Besuch des Landwirtschaftsprojektes und ein krönender Abschluss - der bunter Abend voll Tanz, strahlender Kinderaugen und mitreißenden Melodien.


Zum Ende des Monats lädt uns Mamatha zur Taufe ihres Neffen ein. Im Haus unserer Co-Mentorin herzlich empfangen, wird uns im Anschluss an die hinduistische Zeremonie schmackhaftes Essen auf Bananenblättern serviert, das kleine “Pappuu” ruht derweil in seiner von Blumengirlanden geschmückten Wiege. Schließlich bringen wir Bananen und eine Kokosnuss als kleine Opfergaben zum Dorftempel und beten für den Kleinen.


Noch am selben Wochenende machen wir uns auf in ein weiteres der drei von Vikasana unterhaltenen Heime. Dort heißen uns die Jungen von Bhootanahalli freudestrahlend willkommen und lassen uns für 24 Stunden Teil ihres Alltags sein – ein Leben in der wilden Natur, auf einem Berg gelegen, ohne Strom- und direkte Wasserversorgung, wahrlich ein Abenteuer.


Am 1. Dezember begleiten wir einige unsere Kinder nach Rajanahalli, eines der benachbarten Dörfer. Dort sollen sie im Rahmen eines von der Regierung organisierten Bühnenwettbewerbs ihr Tanz- und Gesangstalent unter Beweis stellen und sich mit zahlreichen Gleichaltrigen in vielseitigen Disziplinen messen. Wir helfen beim Verkleiden und Schminken und feuern später durch begeisterten Applaus kräftig mit an. Zurück im Hostel präsentieren die Kleinen voller Stolz ihre Auszeichnungen für “Fancy Dress”, Tanz und Yoga – Bravo!


Es ist soweit, Mitte Dezember finden wir uns in einer riesigen Halle wieder, tausende von Menschen sitzen auf den roten Plastikstühlen, die Damenwelt aufgebrezelt in goldbestickten Saris. Warum das ganze Brimborium? - Es ist Hochzeit, unsere erste indische Hochzeit! Nach der fast nebensächlich erscheinenden Vermählungszeremonie gratulieren auch wir “Special Guests” dem schönen Paar, die zwar wie üblich arrangiert geheiratet haben, jedoch sehr glücklich scheinen, an diesem Festtag.


Eines heißen Dezembernachmittags entscheidet man sich, den Regenwassertank zu leeren, um mit dem aufgefangenen Wasser die inzwischen zu vertrocknen drohenden Bananenstauden zu gießen, und im selben Aufwasch den unterirdischen Speicher zu reinigen. Doch halt, wie wäre es mit einer kurzen Erfrischung im kühlen Nass? Die Kinder jedenfalls genießen das ausgelassene Planschen!


Nach dem Jahreswechsel erwartet uns ein arbeitsintensiver Januar. Schließlich wollen all die Einfälle, die sich an der Ideenwand tummeln, in die Tat umgesetzt werden – neben dem Streichen der Kinderzimmer, der Aktion zum Thema “Kinderrechte” und den fünf Fallstudien, von denen wir bereits in älteren Einträgen berichtet haben, steht unter anderem eine “Aufklärungsklasse” für die älteren Mädchen auf dem Plan. Es geht um Hygiene, den weiblichen Körper und die Menstruation – bahnbrechende Neuigkeiten für unsere neugierigen Zuhörerinnen!


Immer wieder lassen wir den Nachmittag mit Zeit für Spiel und Spaß ausklingen. Verstecken, Fangen und “Blinde Kuh” sind gerade für die Kleinen eine willkommene Möglichkeit, sich nach einem langen Tag in der Schule auszutoben, bevor es am Abend wieder an die Hausaufgaben geht. Ebenfalls prägend für den täglichen Hostelalltag sind Yoga und Meditation, jeden Morgen nach dem Aufstehen werden die müden Glieder gestreckt!


Während die Kinder tagsüber in der Schule sind, machen wir uns von Zeit zu Zeit auf den Weg ins Office unserer Organisation, das in Tarikere liegt – ganz gleich, ob zur Besprechung des monatlichen Berichtes, der Planung neuer Aktionen oder einfach auf ein Mittagessen im Hause unseres Direktors, zu dem uns seine Familie eingeladen hat.


Mitte Januar begrüßen wir Kumar, Malathi, Gajanana und dessen Tochter Emma bei uns. Die beiden Brüder unterstützen durch ihre NGO “Birur Educational Foundation For Children” die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im ländlichen Birur durch das Verteilen von Schulranzen und Wörterbüchern. Wir dürfen sie für einen Tag in das Projektgebiet und einen Abend zum Rotary Club begleiten. Außerdem feiern wir im Rahmen ihres Besuchs die Renovierung des Gemeinschaftsraumes.


Am 26. Januar feiern wir den nationalen “Republic Day”, den Tag, an dem im Jahr 1950 die indische Verfassung in Kraft trat. In die High-School unserer Mädchen eingeladen wohnen wir der Parade bei und richten während der offiziellen Feierlichkeiten unsere Worte an die neugierige Schulgemeinde - “Nam Bharata, nao ge tumba ishda! Happy Republic Day!”


Anlässlich der nationalen und lokalen Festivitäten bieten sich uns immer wieder Gelegenheiten, unsere Hände mit traditionellem Mehendi zu verzieren – Übung macht den Meister!


Zum Monatswechsel machen wir uns auf nach Mangalore. In der Großstadt an der Westküste erwartet uns unsere indische Mami Malathi mit einem zweitägigen Reflexionsseminar über den diesjährigen Freiwilligeneinsatz. Begleitet von unseren Mentoren Shruthi und Mamatha – für die es das erste Mal am offenen Meer ist - freuen wir uns riesig, vier der anderen Freiwilligen, nämlich Lea und Octavia sowie Elena und Naomi zu treffen!


Anschließend verweilen wir vier Gäste für einige weitere Tage bei Lea und Octavia, die in Mangalore zu Hause sind. Während des Inter-Project Visits in ihrer Organisation PRAJNA lernen wir mehr über die Arbeit dieses Frauen- und Familienberatungszentrums und die städtische Kultur: Wir besuchen ein “Short Stay Home” für Frauen und zwei Kinderheime, außerdem ein Tempelfestival und den Jaintempel von Venuru. Eine lange Nacht staunen wir über die Yagshaghana-Tänzer, die Göttersagen vorspielen, und werfen uns für ein christliches Fest im Hause der Mentorin in Schale.


Zurück in Chattanahalli leisten wir unserer Köchin Aunty immer wieder gerne Gesellschaft. Mehr und mehr kann sie sich mit ihren wenigen Brocken Englisch verständlich machen, wir lernen zunehmend ihre Sprache Kannada. Ob beim Reissortieren oder Kochen, gerne helfen wir mit oder schauen wir ihr über die Schulter. Schließlich wollen wir die einen oder anderen Leckereien auch zurück in Deutschland kochen.


Mitte Februar veranstalten wir für unsere Kinder eine Freundschaftsfest, 24 Stunden widmen wir uns dem, was Freundschaft bedeutet – Glücklich sein! Es wird getanzt, gespielt und getobt. Nach dem Abendessen eröffnen wir das riesige Matratzenlager im Gemeinschaftsraum – es gibt Knabbereien, Kinderfilme und Gutenachtküsschen – Übernachtungsparty der Spitzenklasse. Am nächsten Tag lassen wir 12 Liter Speiseeis anliefern, für einige der Kinder ist dies das Erste ihres Lebens!


Pünktlich zum Freundschaftsfest trifft ein Päckchen aus Frankfurt ein – Post von der Anna-Schmidt-Schule, die seit vielen Jahren eine Partnerschaft für 20 der 40 Kinder in Chattanahalli übernommen hat. Inhalt sind 22 Briefe samt Foto und Freundschaftsbändchen, außerdem ein selbsterarbeitetes “Deutschland”-Spiel. Es herrscht freudige Aufregung, hat doch jeder plötzlich einen ganz eigenen “Germany friend”! Auch die von unseren Kindern erstellte Freundschaftspost und selbst erarbeiteten Unterrichtsmaterialien zum Thema “South India” waren in der Zwischenzeit bei den Frankfurter Schülern eingetroffen.


Immer wieder werden wir auf Field visits mit den Schwierigkeiten und Herausforderungen des ländlichen Südindiens konfrontiert. Wir lernen die Lebensgeschichten unserer Kinder und einiger Dorffrauen kennen, verstehen mehr von der Bedeutung regionaler Entwicklungshilfe durch Organisationen wie Vikasana und der Notwendigkeit globaler sozialer Verantwortung. Das, was wir sehen, macht uns sehr betroffen, es tut etwas mit uns, verändert, prägt. Wir sind dankbar dafür, solche Erfahrung machen zu dürfen, andere Welten kennenzulernen!


Dass das Leben ganz anders funktionieren kann, lernen wir auch, als wir uns in einem Ochsenkarren wiederfinden, auf dem Heimweg vom Dorf nehmen uns zwei kleine Jungen mit, holpernd geht es voran. Unterwegs sein ist sowieso so eine Sache für sich - man nimmt eben das, was kommt, oder wartet, irgendwie wird man schon ankommen.


Ende Februar hat unser Hostelgebäude Geburtstag, eine schöne Gelegenheit für eine kleine Feier. Mit der Hilfe von Shruthi veranstalten wir eine Modenschau, die Jungen treten in Mädchenkleidern auf, die älteren Mädels kommen in Saris, unsere Mentorinnen überreden wir zu Jeans und Shorttop,“Western Dresses”. Zum Abendessen statten wir jeden Tisch mit einer kleinen Kerze aus, angelehnt an die deutsche Tradition der Geburtstagskerze - und so klingt ein interkulturelles Fest bei Candlelight-Dinner aus!


Zurück von unserer Reise durch den Süden des Landes sind wir Ende März bei unserer Co-Mentorin Mamatha zur Feier des Frühlingsanfanges eingeladen. Anlässlich Yugadis reiben wir uns Gesicht, Dekollté und Beine mit gelbem Öl ein, helfen bei der Zubereitung einer süßen Leckerei und fahren gemeinsam mit Mamathas Familie auf deren Ochsenkarren zum Tempel. Zurück im Hostel erspähen wir die hauchdünne Neumondsichel am Abendhimmel, dann macht sich die Kinderschar auf zum Dorftempel. Schließlich werden wir alle gemeinsam vom Dorfvorsitzenden nach Hause eingeladen, es gibt Tee und Süßes, für die Heimfahrt stellt er uns seinen Traktor zur Verfügung – vierzig aufgeregte Kinder im Anhänger tuckern wir zurück.


Um meine Mama vom internationalen Flughafen abzuholen, machen wir uns am 31. März auf nach Bangalore. Vor dem großen Wiedersehen verbringen wir jedoch den Tag mit Kumar und Malathi von BEFC, die uns im Januar in Chattanahalli besucht haben. Abends geht es in einen Club, in dem wir wenig später durch eine kleine Rede und zwei Gesangsbeiträge in der Lokalsprache Kannada zu DER Bühnenattraktion des Abends werden. Während eines anderen Besuchs Mitte April nimmt uns Kumar zur nationalen “End Polio now”-Aktion in mehrere Krankenhäuser mit.

… Dear Kumar, dear Malathi, thank you for everything we could share!
 It is a treasure to have become your friends!


“It’s time to say goodbye!” - unweigerlich naht das Ende, die sieben-monatige Projektzeit bei Vikasana liegt hinter uns. Die letzten Tage im Projekt sind ein Auf und Ab der Gefühle, die Kinder, unsere Mentorinnen und wir am Ende unserer Kräfte. Doch man sagt ja, es sei gut zu gehen, wenn es am schönsten ist. Wir wollen es versuchen…

Zum Abschluss gibt es einen “Big Bazaar”, also eine Tombola für die Kinder und Hostelmitarbeiter mit vielen unserer Kleider und Kleinigkeiten. Auch die Organisation lädt zu einer offiziellen Abschiedsfeier, während der wir feierlich unser größtes Abschiedsgeschenk enthüllen, eine riesige Sonne: im Kern über 100 Aufnahmen der wunderschönsten Momente, die Strahlen zieren die Gesichter unserer Kinder und der Hostelfamilie. Denn Sonne bringt Licht und Wärme, kann Glück und Freude bedeuten – so wie unsere Zeit im Projekt!


Gemeinsam mit meiner Mama meistern wir die Abfahrt. Und nachdem der erste Abschiedsschmerz verklungen ist, genießen wir zwei entspannende Wochen zwischen den Kaffeeplantagen Madikeris, Nordkeralas Strand und der Königsstadt Mysore und freuen uns, ihr ein wenig von unserer neuen Heimat zu zeigen.


Die letzten drei Wochen unserer Zeit in Indien verbringen wir im Norden. Ende April streifen wir neugierig durch die kleinen Gässchen Pushkars, staunen über die Schönheit des Taj Mahals, werden Zeugen des morgendlichen Treibens am Gangesufer in Varanasi und bummeln durch die vielen Geschäfte der widersprüchlichen Hauptstadt Delhi.


… und letzte Momentaufnahmen, jede einzelne eine Erzählung von Glück und Freude!



… und nun? Wir möchten uns bedanken! We would like to thank you! Nivu nao ge tumba daniawadagalo!

Es gibt zahlreiche Menschen, deren Engagement wir diesen einmaligen Freiwilligeneinsatz verdanken, die uns bei allen unseren Vorhaben unterstützt haben, durch die die vergangenen acht Monate zur wohl prägendsten Zeit unseres Lebens wurden.

DSC08004 Zuerst möchten wir uns bei unserer Entsendeorganisation, der Karl-Kübel-Stiftung für Kind und Familie aus Bensheim, bedanken, bei der wir uns nicht nur während der intensiven Vorbereitung sondern auch in Indien gut aufgehoben wussten! Es ist ein Schatz, von Ihnen zum Brücken-Bauer gemacht und weltwärts entsandt worden zu sein!

Selbstverständlich gilt unser Dank auch dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das weiterhin an dem Modell des entwicklungspolitischen “weltwärts”-Freiwilligeneinsatzes als Lerndienst für junge Weltbürger festhält und durch die Finanzierung dessen dazu beiträgt, Bewusstsein für globale soziale Verantwortung zu schaffen.

Auch unseren großzügigen persönlichen Förderern möchten wir ganz herzlich für ihre finanzielle Unterstützung und ihr außerordentliches Interesse an unserem Einsatz in Südindien danken! Wir freuen uns, auch Sie für die Brücke zwischen unseren beiden Ländern gewonnen zu haben!

DSC03228 Unseren lieben Dank richten wir außerdem an Renate Tietz sowie ihre Kolleginnen und Mitarbeiterinnen der Stiftung, Kirsten Sames und Andrea Maier, die uns in Vorbereitungs- und Zwischenseminaren, durch den Visa-Dschungel und jederzeit per Email betreut, begleitet und unterstützt haben. Danke!

Furthermore, we would like to thank the team of Karl-Kubel-Institute for Development Education in Coimbatore for hosting us during our workshops and the Karl-Kübel-Trophy! We appreciate staying with you and hope to come back some day!

DSC01004 Of course, we do not want to miss thanking our beloved Malathi Akka, an outstanding mentor of mentors, for her good spirits and enthusiasm, for her trust in us and her neverending engagement for the Bridge Builder Program. We feel gracious to have had you by our side and have become your friends! “… Because we’re all big big girls, in this big big world!”

DSC09602 Moreover, a heartful thank you we want to dedicate to our host organisation VIKASANA in Tarikere, to our Director Sir and his family as well as the Vikasana team! We had a most pleasant time with your organisation and we are happy for all things we could learn from you! Feeling heartly welcomed and appreciated made us become part of your team within a very short time! Thank you for all your efforts, keep up with you energetic dedication!

DSC050081Also we would like to thank our wonderful mentors Shruthi and Mamatha for that they took us by the hand, making us become part of their lives, making us walk indepently whilst staying close friends! Chinnus, Bangaris, we will never forget all these precious memories!

DSC01630Our most beloved children, the last words are adressed to you: Having become your Akkas, your elder sisters, we will never forget a single day of the life we shared! We love you and miss you! Nivu nao ge tumba tumba ishda, gothu aitha? Nene matee ivatu matee nalee, tumba tumba preethi banto!



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  … Tata, nam Bharatha!

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Dienstag, 27. März 2012

Von Tempeln, Palästen und Strand, vom Kap bis in die Berge - 3 Wochen zauberhaftes Südindien


Der Februar liegt hinter uns, ein weiterer ereignisreicher Monat, viele abwechslungsreiche Wochen. Ein Wochenende Freundschaftsfest, eine Übernachtungsparty für 45 kuschelnde Gäste sowie eine Modenschau anlässlich des Hostelgeburtstages machten jeden Tag  zu einem einzigartigen Erlebnis.



 

Schließlich ist es soweit, der erste März bringt für uns ein weiteres, neues Abenteuer mit sich. Mit großen Rucksäcken bepackt finden wir uns am Bahnhof wieder. In der einen Hand die Tickets, in der Hoffnung vor Einfahrt des Zuges das Geheimnis um die Nummer des Gleises zu lüften, in der anderen einen kleinen Pappbecher Chai gibt  eine freundliche Frauenstimme erst auf der lokalen Sprache Kannada, dann in Hindi, schließlich in akzentlastigem Englisch die Einfahrt des „Bangalore Express“ bekannt. Zwischen einer Gruppe junger Inderinnen auf dem Weg in die südindische Metropole sitzend schweifen die Gedanken zurück zu unseren Kindern, die Reisfelder und Palmenhaine ziehen vorbei, ebenso wie die Snacks, die lautstark angepriesen an die Fahrgäste verkauft werden. Damit beginnt er also, unser dreiwöchiger Streifzug durch Südindien, vom Kap bis in die Berge.

Ein Nachmittag im Park – Zwischenstopp in Bangalore

Am Verkehrsknotenpunkt der drei südlichsten Staaten Karnataka, Tamil Nadu und Kerala angekommen liegen kurzweilige 5 Stunden Zugfahrt hinter uns, nachts werden wir in einem Schlafbus weitere 9 Stunden verbringen. Um ein bisschen die Seele baumeln zu lassen und dem Großstadtgewusel zu entkommen, flüchten wir in einen der weitläufigen Stadtparks. Auf den ersten Blick fast wie zuhause spazieren wir wenig später jedoch auch durch hochgewachsene Bambuswälder, genießen an einen alten Baum gelehnt einen heiß-servierten Chai und indische Knabbereien.



Alter Glanz, Tempel und Paläste – Madurai, die Königsstadt Tamil Nadus

Vormittags füllt geschäftiges Treiben Madurais Straßen. Wegen eines kaputten Schuhs hocken wir am Straßenrand, sehen dem sympathischen Schusterpaar bei deren Arbeit zu und gewinnen so einen ersten Blick für die vielen kleinen Kuriositäten, Geschichten und Gesichter dieser alten Stadt. Hupend fahren Autorikshaws vorüber, aufgemalte Augen zieren ihre Front. Auch Fahrradkutscher bahnen sich ihren Weg durch die Straßen.


Den Sri-Meenakshi-Tempel mit seinen figurenreichen Eingangstoren im Herzen der Altstadt bewundern wir nicht nur am selben Nachmittag, sondern machen uns auch am nächsten Morgen in aller Frühe dorthin auf, um in sonst ungewohnter Ruhe dem Gesang des Tempelswamis zu lauschen. Außerdem lernen wir in einem sehenswerten Memorial mehr über den nationalen Helden Ghandi und genießen abends im städtischen Tirumalai-Nayak-Palast  ein Hör- und Lichtspiel über die Geschichte des ehemaligen Königreichs, bevor die Reise weitergeht  und wir die letzten Hunderte von Kilometern bis zum südlichsten Zipfel Indiens schlafend im Nachtzug zurücklegen.

Am Ende der Welt angekommen – Kanyakumari, die Stadt am indischen Kap

Die nächsten beiden Tage verbringen wir am also an der äußersten Spitze Indiens, einem Ort, an dem es von indischen Touristen wimmelt, von Muschelverkäufern und Kitsch. Im Schutz eines Tempels schweift unser Blick hinaus, dorthin, wo sich drei große Meere, der Golf von Bengalen, der indische und der arabische Ozean treffen. Einige Hundert Meter vor der Küste ragt eine riesige Statue von Thiruvalluvar aus der schäumenden Brandung, die Besucher erwartet neben einem weiteren, rosafarbenen Ghandimemorial außerdem der namensgebende Kumari-Ammam-Tempel, ein Pilgerort für junge Männer aus ganz Indien. Einzigartig ist auch, dass nicht nur die morgendliche Sonne aus den östlichen Fluten geboren wird, sondern gleichermaßen abends als riesiger roter Feuerball gen Westen ins Meer versinkt.

Sommer, Sonne, Sonnenschein – Urlaub an den Klippen von Varkala

Die Sonne steht tief über den Palmenhainen Varkalas. Im Staat Kerala angekommen finden wir uns in einer Oase wieder, erfrischt und zufrieden entspannen wir auf Korbstühlen, das Meeresrauschen unter den Klippen in den Ohren. Nachts lauschen wir dem ersten Regen seit langem, das Prasseln auf den großen Bananenblättern, zauberhaft. Wir tanzen in den Wellen, gönnen uns Pfannkuchen und eine ayurvedische Massage und streifen an den bunten Auslagen der kleinen Lädchen entlang der Strandpromenade vorbei.

Zufällig treffen wir vier weiter KKS-Freiwillige, Annik und Lena, Johanna und Ronja, die ebenfalls die drei vom BMZ veranschlagten Wochen Urlaub auf Reisen verbringen und werden Teil einer hinduistischen Prozession, Tänzer, Trommler, Göttergestalten und drei Elefanten ziehen an uns vorüber.

Ozean und Backwaters– Tage am Wasser um Alleppey

Entlang der Westküste geht die Reise weiter, in Alleppey erwarten uns nicht nur die für Kerala so bekannten Backwaters, ein 900 km langes Netz aus weitläufigen Wasserstraßen und Seen von der Küste bis ins Landesinneren reichend, sondern auch zwei weitere „Members“, unsere lieben Freundinnen und Mit-KKS-Freiwilligen Lea und Octavia. Frische Wassermelone in der einen Hand buddeln wir uns gegenseitig die Füße im Sandstrand ein, am nächsten Tag um uns Wasser, ein leises Motorengeräusch im Ohr tuckern wir über die Kanäle der Backwaters. Geschäftige Fischer und waschende Hausfrauen werfen uns einen neugierigen Blick vom Uferrand aus zu, badende Kinder planschen im kühlen Nass und winken freudestrahlend herüber.

Om Namah Shivaya – Ammas Umarmung in Amrithapuram

Ziel unserer Bootfahrt ist der Ashram von Matha Amrithanandamayi, ein Ort für Meditation und Yoga geführt von einer der wenigen weiblichen Gurus Indiens. Auch bekannt als „Amma“, als liebende Mutter ihrer Kinder, gibt die 60-jährige religiöse Führerin ihren Anhängern eine Umarmung, ein Zeichen ihrer Botschaft, dass alle in der Liebe eins sind. Nach zwei Tagen Yoga- und Meditationskurs erhalten auch wir Darshan, jene persönliche Umarmung, da Amma zufälligerweise anwesend ist. Außerdem gewinnen wir einen Einblick in das Leben in einem solchen Ashram, einem Kloster ähnlich, in dem nicht nur täglich tausende an Besuchern, sondern 3000 Menschen dauerhaft wohnen.


Auf dem Fahrrad zu den Fischernetzen – Kochin, portugiesischste Hafenstadt Indiens

Klingeling, zurück in weltlichen Sphären geht es mit dem Fahrrad durch Kochin, eine alte Hafenstadt auf einer Halbinsel gelegen. Zu entdecken ist eine zauberhafte Mischung, Geschichten einer strahlenden Vergangenheit - riesige chinesische Fischernetze, eine 400 Jahre alte Synagoge, antike Moscheen und portugiesische Häuser, zerfallende Überreste von Britisch-Indien. 


Durch das jüdische Viertel schlendernd stöbern wir in den Geschäften, genießen die Stille der Synagoge, bestaunen außerdem die alten Wandgemälde im Niederländischen Palast, die von hinduistischen Göttergeschichten aus dem Ramayana berichten, sowie über die Funktionstüchtigkeit der Jahrhunderte alten Fischernetze. Das Stadtbild entführt uns ins mediterrane Südeuropa, unvergleichlich und entzückend!


 Den Teepflückern auf der Spur – in den Bergen Munnars

Die Küste zurücklassend führt uns die Reise weiter hinauf in die kühlen Berge. In mitten der langgestreckten Hügel, die von saftig grünen Teepflanzen übersät sind, und umgeben von einer atemberaubenden Gebirgskulisse finden wir uns im kleinen Munnar wieder, das Handelszentrum in einem der höchst gelegenen Teeanbaugebiete der Welt ist. 


Während einer geführten Tour geht es vorbei an Stauseen, dem Grün der Berge und in die Tiefen der Plantagen, die bis über die Grenzen Keralas nach Tamil Nadu hinaus reichen. Außerdem erhalten wir im Museum der Teemanufaktur TATA einen interessanten Einblick in die Verfahren zur Herstellung von Tee - ganz gleich, ob weiß, grün oder schwarz wird nämlich alles aus einer Pflanze gewonnen. 

Schließlich neigt sich ein Tag zwischen den frischen Teepflanzen dem Ende zu, die Sonne steht tief, färbt den Himmel zartrosa. Wir sind hinauf gewandert, angekommen auf einer Lichtung. Stille umgibt uns, leises Zirpen und Vogelgezwitscher, saubere Luft, freie Natur. 

Zauberhafte drei Wochen voller Eindrücke, Bilder und Geschichten liegen hinter uns. Fasziniert von den vielen Gesichtern unseres Indiens und dankbar für all die wundervollen Chancen treten wir die Heimreise nach Chattanahalli an, ein letztes Mal.

2 Reisende,  21 Tage, 2200km.