Sonntag, 22. Januar 2012

Auf die Stifte, fertig, los! - ein Sonntagnachmittag zum Thema "Kinderrechte"

Wenn es heißt, kreativ zu sein, sind indische Kinder unserer Erfahrung nach meist überfordert.  Auf eigene Ideen zu kommen und eine eigene Meinung zu haben, ist hier in Indien einfach nicht unbedingt erwünscht. So besteht auch meist der Malunterricht aus Abmalen aus Schulbüchern.

Letztes Wochenende starteten wir jedoch unterstützt durch Octavia und Lea aus Mangalore, die zum Interprojectvisit zu Besuch waren, eine Malaktion zum Thema „Kinderrechten“, zu der Frage „Was brauchen Kinder?“ In der Vorbereitung legten wir uns einige Beispiele zu recht: Luft zum atmen, Essen, Freizeit,  Meinungsfreiheit und viele mehr.

In einem Sitzkreis fragten wir unsere Lieben dann: „Was brauchen Kinder“? Nach kurzem Gemurmel, fragenden und  nachdenklichen Gesichtern kam die erste Idee: „Reading, Akka.“ „School“.  Ja, „Education“ ist wohl eines der präsentesten Aspekte im Leben eines indischen Kindes. Abgesehen von der halben Stunde Playtime und der täglich zu erledigenden Hausarbeit sind die Kinder eigentlich immer in der Schule oder am Lernen.


„Uta, Akka, food“ Auch das Essen hat hier eine ganz besondere Rolle. Kein Gespräch endet, ohne sein Gegenüber zu fragen, ob er den schon gegessen hätte. „Utha aitha?“



Spielen, eine Zuhause, Familie und Freunde, Gesundheit und Hygiene sind ebenfalls ihre ganz eigenen Ideen. Ziemlich beeindruckt müssen wir gestehen, dass wir die Kinder wohl doch etwas unterschätzt haben.





Auf manche Punkte mussten wir sie natürlich mit der Nase stoßen. Dazu zählen Luft zum Atmen, eine saubere Umwelt, das Recht auf eine eigene Meinung und auf körperliche Unversehrtheit.


Das Thema Schlagen ist schwierig. Wie sollen wir ihnen erklären, dass sie sich gegenseitig nicht schlagen oder grob behandeln sollen, wenn sie selbst von Eltern und Lehrern für jeden fehltritt damit bestraft werden. Leider herrscht hier in Indien fast ausnahmslos das Fahrradfahrerprinzip: Nach oben wird gebuckelt, nach unten getreten.

Obwohl die unbeschwerte Natur bei uns im Hostel zwar allgegenwärtig ist, wird auch hier der gesamte Müll einfach verbrannt, ganz gleich ob Plastik oder Papier. Ebenfalls ist nirgendwo in den Städten ein Mülleimer zu finden - Warum auch? Es gibt schließlich keine Müllabfuhr.

Völlig zufrieden mit der Ideensammlung kann es unserem Empfinden nach eigentlich mit dem Malen losgehen. „Kanasu, Akka“  geht es jedoch weiter. Stimmt, Kinder brauchen Träume. Und die haben sie auch, Zukunftsträume vom Anwalt über den Polizisten bis zur Modedesignerin. Leider ist es jedoch so gut wie sicher, dass alle unsere lieben Mädchen von seiten ihrer Familie eine Ehe arrangiert bekommen und somit als Hausfrau enden. Wenn sie Glück haben dürfen sie dann sogar arbeiten gehen - oder auch eben nicht.

„Dancing, Pooja and Festivals“ Inder sind mit ihren Traditionen um eines stärker verankert als wir es aus Deutschland kennen. Das tägliche Gebet, Pooja, ist nicht wegzudenken. Tanz und Gesang wird zu jeder Funktion zum Besten gegeben und an den zahlreichen religiösen Festivals, egal ob hinduistisch, muslimisch oder christlich, ist die Schule dann doch nicht so wichtig wie sonst.

Die letzte Idee wirft uns schließlich um: „Light, Akka. But also Shadow“.  Vollends begeistert müssen wir gestehen, dass darauf nicht mal wir, die Akkas, gekommen sind.

Erstaunt, da unsere Erwartungen völlig übertroffen wurden, kann es dann zum Malen übergehen. In kleinen Grüppchen wird mit Filz-, Bunt-, und Wachsmalstiften gemalt, was das Zeug hält. Einer unserer kleinsten und ganz schlauen Köpfen, Vinay, begibt sich, nachdem er das Thema „Luft zum Atmen“ bekommen hat, erst einmal auf Nachforschungen. Er beobachtet Bäume, wie sie im Wind wehen und kommt mit samt einer zerquetschten Hand voller Blätter zurück, um auch die Blätter seines Baumes in authentischem Grün zu färben.

So wuseln alle vor sich hin und geben uns schließlich ganz stolz ihre mehr oder auch weniger kolorierten, fertiggestellten Bildchen ab, aus denen wir zu jedem Thema eines ausgewählt und auf einem großen gelben Poster zum Thema „Say Yes to Childhood! Protect Child rights!“ zusammengetragen haben.

Heute, zwei Wochen nach dieser erfolgreichen Diskussions- und Malrunde, steht die Präsentation des Plakates an. Jedes Kind gibt den gespannten Zuhörern einen kurzen Einblick in sein Thema und erhält für die wunderbare Mitarbeit einen leckeren Lutscher, bevor alles für jeder man sichtbar ins Treppenhaus gehängt wird.

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